7. Kritische Lebensereignisse

Neben den normativen Strukturvorgaben im Lebenslauf, wie den von Havighurst beschriebenen Entwicklungsaufgaben, können auch im Verlauf des Lebens auch nicht normative Einschnitte auftreten, die vom Individuum Umorientierungen, Neuorientierungen, Bewältigungsreaktionen verlangen. Diese kritischen Lebensereignisse - im Erwachsenenleben z.B. Arbeitslosigkeit oder Stellenwechsel, Partnerverlust oder Scheidung - schaffen den Individuen Problemsituationen, die zu Veränderungen sozialer Rollen, persönlicher Ziele sowie zum Aufbau neuen Wissens und neuer Haltungen herausfordern.

Kritische Lebensereignisse sind also Inkonsistenzen im Leben einer Person, durch die sie in einen Ungleichgewichtszustand gerät und ihre Aufmerksamkeit in hohem Maße auf diejenigen Aspekte ihres Lebens (Einstellungen, Problemlösungskompetenz, Persönlichkeitskonzept) gerichtet wird, die durch das kritische Ereignis betroffen werden. Dies können positive wie negative Ereignisse sein, entscheidend ist, dass frühere Erfahrungen und Gewohnheiten, Wünsche und Erwartungen in Konflikt mit neuen Gegebenheiten geraten und so die Aufmerksamkeit der Person sich diesem Bereich in besonderer Weise zuwenden muss.

Somit beinhaltet die erfolgreiche Bewältigung kritischer Lebensereignisse die Chance für eine positive Entwicklung, während ein Versagen zu Fehlanpassungen und Störungen führen kann. In diesem Kontext kommt den kritischen Lebensereignissen die Funktion von Kristallisationspunkten oder Wendepunkten der Entwicklung im Erwachsenenalter zu.

Wie das Konzept der Entwicklungsaufgaben eröffnet auch das Konzept der kritischen Lebensereignisse der entwicklungspsychologische Forschung einen Zugang zur Analyse von Entwicklungsprozessen im Lebenslaufs, deren Erträge in den Lerneinheiten zu den einzelnen Lebensabschnitten thematisiert werden.