8. Psychosoziale Entwicklung nach Erikson

Erik Erikson

Die psychosoziale Entwicklungstheorie von Erik H. Erikson, die Ihren Ursprung in der Freudschen Theorie hat, ist wohl der bekannteste und weit über die Psychologie hinaus populär gewordene theoretische Entwurf einer Entwicklung im Lebenszyklus. Der Fokus dieser Theorie der Persönlichkeitsentwicklung liegt im Aufbau der "Ich-Identität" (Q): Erikson legt ein Entwicklungskonzept vor, mit dem er das Zusammenwirken von Bezugspersonen in den einzelnen Entwicklungsstadien, bestimmten Handlungsformen, die eine sich entwickelnde Person in diesen Stadien erwerben muss, und den Krisen, die dabei durchgemacht werden müssen, beschreibt. Nach Erikson verläuft die psychische Entwicklung nach einem "epigenetischen Prinzip", d.h. ihr liegt ein Plan zugrunde, dem die einzelnen Teile folgen, indem

  • die Entwicklungsphasen aufeinander aufbauen;
  • jede Lebenskrise ihre Vorläufer hat und auch nach ihrer Bewältigung noch als Thema vorhanden bleibt;
  • eine gelungene Lösung von Entwicklungsaufgaben und -problemen wesentlich vom Zeitpunkt im Lebenslauf abhängt.

Die Begriffe Krise und innere Einheit stellen dabei zwei wesentliche Komponenten seiner Entwicklungskonzeption dar. Krise bedeutet in diesem Fall nicht Störung, sondern stellt eine Herausforderung oder einen Wendepunkt im Leben dar. Dabei führt die erfolgreiche Lösung eines psychosozialen Konflikts zu einem Gewinn, während ein Scheitern zu einer Störung führen kann. Unter der inneren Einheit können wir die Fähigkeit des Ichs verstehen, angesichts des wechselnden Schicksals Gleichheit und Kontinuität aufrecht zu erhalten.

Der zentrale Begriff von Eriksons Entwicklungskonzeption ist der der Ich-Identität. Das heißt, der menschliche Lebenslauf ist gekennzeichnet durch einen andauernden Prozess, persönliche Identität zu erlangen bzw. zu erhalten. Dabei sind zwei Aspekte zu unterscheiden:

  • Das Bewusstsein der Kontinuität im Lebenslauf, das Gefühl des "Sich-Selbst-Gleichseins";
  • die Teilhabe an den gruppenspezifischen Charakteristika der Kultur, innerhalb derer sich die persönliche Entwicklung vollzieht.

Den Prozess der Identitätsfindung und des Erhalts der Ich-Identität beschreibt Erikson anhand von acht Stufen, für die jeweils eine spezifische Krise charakteristisch ist. Dabei bezieht sich der Begriff "Krise" auf die Tatsache, dass von der Geburt bis ins reife Erwachsenenalter einzelne Komponenten der Identitätsbildung in einem bestimmten Abschnitt der Biographie zu ihrem Höhepunkt kommen, d.h. relative Dominanz erlangen, eine kritische Phase erfahren und zu Ende dieser Phase dauerhaft etabliert werden.

Die von Erikson für das Erwachsenenalter beschriebenen Krisen werden innerhalb dieses Kurses in den Lerneinheiten zu den einzelnen Lebensabschnitten bzw. Altersphasen inhaltlich thematisiert.